Frühe Schülerinnen an der Akademie der bildenden Künste Wien
Erst 1920/21 wurden Frauen offiziell zum Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien zugelassen. Überraschenderweise finden sich schon im 18. und frühen 19. Jahrhundert einige wenige Frauen unter den sonst ausschließlich männlichen Schülern.
Bei näherer Durchsicht der Matrikelbücher, der Sitzungsprotokolle und Mitgliederverzeichnisse aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert ergibt sich allerdings ein interessantes Bild: Es befanden sich nämlich einige Frauen unter den sonst ausschließlich männlichen Schülern sowie unter den Mitgliedern und etliche unter den Ehrenmitgliedern.
Den weiblichen Mitgliedern und Ehrenmitgliedern werden wir uns in eigenen Beiträgen widmen.
Die erste in den Schülerverzeichnissen (Matrikeln) genannte Frau ist die Wienerin Katharina Heim(in) , die im August 1768 in die Kupferstecherakademie eintrat.
Die k.k. Kupferstecherakademie war zu dieser Zeit noch eine eigenständige Einrichtung unter der Leitung ihres Begründers Jakob Schmutzer und wurde erst 1772 mit der k.k. Akademie der Maler, Bildhauer und Architekten zusammengelegt, „vereinigt“.
Mitte bis Ende der 1810er-Jahre scheinen im Matrikelband 17, PROTOCOL. der die k.k. Accademie der bildenden Künste frequentierenden Schüller 1813–1823 , drei Frauen auf, nämlich Marianne Fricard (Fricart), Theresia Kaltner und Karoline Pianzykowska Edle von Roth.
Marianne Fricart 1), in den Matrikeln Maria oder Marie Fricart, etwa besuchte die Akademie im Wintersemester 1819/20, Fach Malerei. Ihre Herkunft ist nicht angegeben. Sie hat auch um ein Zeugnis angesucht, ob sie es erhalten hat, darüber gibt es unterschiedliche Angaben: „hat zwar eingereicht, u. k. [und kein] Atest ausgefertig“ (Matrikelbuch 19/6, s. Abb.) . In Matrikelband 17/7: „hat zwar eingereicht und Atestat ausgefertiget“.
Nach einem Italienaufenthalt inserierte sie in der Preßburger Zeitung 1825 ihre Dienste als „ Portraitmahlerin in Oehl“. 2)
Die in München geborene Theresia Kaltner trat am 10.12.1819 in die Akademie in die Abteilung für Historienzeichnung ein, über ihre Verweildauer ist nichts weiter bekannt:3)
Karoline Pianzykowska geb. Edle von Roth 4) aus Straßburg besuchte die Malerschule der Akademie über mehrere Jahre, vom Sommerkurs 1816 bis zu Winterkurs 1820/21, sie spezialisierte sich auf Miniaturmalerei:
Über diese Einträge in den Matrikelbüchern hinaus haben sich in den Akten und Dokumenten des Universitätsarchivs keine Spuren dieser Frauen erhalten, ebenso wenig, wie ihre Kunstwerke in den Sammlungen der Akademie vertreten sind. Im Internet findet man einige Abbildungen der Werke Marianne Fricarts, die immer wieder von Auktionshäusern angeboten werden.5) Warum gerade diese Frauen an der Akademie studieren „durften“, auch darüber geben die Dokumente keine Auskunft.
Nach 1820 sind keine weiblichen Schüler in den Akten des Universitätsarchivs aufzufinden – für die nächsten 100 Jahre.
1) Matrikelbücher Bd. 17, PROTOCOL. der die k.k. Accademie der bildenden Künste frequentierenden Schüller 1813–1823, fol. 7; Bd. 19, Protocoll / der frequentierenden Schüler der Mahlerkunst von 1813 bis 1823 / von A bis Z , fol. 6. Für die Abbildungen wurde aus Formatgründen nicht Bd. 17 verwendet.
2) Preßburger Zeitung, 25.10.1825, S. 1114, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pre&datum=18251018&seite=9&zoom=33; AKL online s.v. Fricart, Marianne, https://db.degruyter.com/view/AKL/_40286559?rskey=poExcI&result=1&dbq_0=fricart&dbf_0=akl-fulltext&dbt_0=fulltext&o_0=AND
3) Matrikelbücher Bd. 17/15, Bd. 19/10.
4) Matrikelbücher Bd. 12, Protocoll / Schülerliste vom Jahre 1810–1812, fol. 39, Bd. 17/23, Bd. 19/15.
5) http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/marianne-fricart/
Ulrike Hirhager, stv. Leiterin Universitätsarchivs der Akademie der bildenden Künste Wien