Finding Healing and Creating Cultural Identities through Textiles: On the Power of Precolonial Aawambo Attire and Traditional Nama Patchwork Practice
Lunch-Lectures von Maria A.N. Caley und Loini Iizyenda, University of Namibia, Windhoek
Moden und Styles im Rahmen der LVs Gesellschaft und Gestaltung & moden | styles | identitäten organisiert von Elke Gaugele und Sarah Held.
Materielle Kultur und kreative Praxis integrieren. Zur Erforschung repräsentativer vorkolonialer Textilien für die aktuelle kulturelle Identitätsbildung.
Loini Iizyenda
Ich untersuche die kulturellen Konnotationen von Objekte, die in der vorkolonialen traditionellen Kleidung der Aawambo getragen wurden, unter dem Aspekt, wie sie zeitgenössische Textilien inspirieren können. Textilien haben die Macht, Geschichten zu erzählen und die Fähigkeit, Menschen über Gemeinschaften und Kulturen hinweg zu verbinden. Namibia ist bekannt für seine vielfältigen ethnischen Gruppen mit unterschiedlichen kulturellen Ausdrucksformen und hat auch 30 Jahre nach der Unabhängigkeit und nicht ein Stoffmuster, das für alle ethnischen Gruppen gleichermaßen repräsentativ ist.
Die Textilien, die für die zeitgenössische kulturelle Kleidung verwendet werden, sind eine Übernahme von Produkten, die von europäischen Vertretern wie Händlern, Missionaren und Kolonialherren bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ins Land gebracht wurden. Vor dieser Zeit hatten die namibischen Gemeinschaften gut etablierte soziokulturelle Systeme, um ihre täglichen Aktivitäten aufrechtzuerhalten. Dazu gehörten traditionelle Kleidungsstücke wie lederne Lendenschurze, Ornamente und exquisite Frisuren, die mit einheimischen Fertigkeiten und organischen Materialien aus der Umgebung hergestellt wurden.
Die vorkoloniale traditionelle Kleidung war ein kommunikativer wie visueller Ausdruck des jeweiligen Status der Träger*innen. Die Platzierung des Schmucks am Körper war daher wichtig, da er das Geschlecht der Träger*innen, die Identität des Clans, die Teilnahme an Initiationsriten, genauso wie Schutz, Heilung oder Tauschhandel symbolisierte. Viele dieser Ornamente, die sich auf traditionelle Fertigkeiten, Materialitäten und Darstellungen beziehen, sind aufgrund der Marktsättigung durch importierte westliche Produkte und Kultur in Vergessenheit geraten.
In meinem Vortrag werde ich die Ergebnisse einer Design-Initiative namens NAYOO vorstellen, einer Mode- und Textilmarke, deren Ziel es ist, von den kulturellen Ornamenten der Aawambo inspirierte Drucke zu fördern.
Loini Iizyenda ist Lecturer für Mode und Textilien an der Universität von Namibia. Sie hat einen MA in Sustainability in Fashion von der Esmod Berlin (Deutschland). Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in den symbolischen Darstellungen der vorkolonialen Kleidung der Aawambo in Namibia und deren Bedeutung für die Formierung zeitgenössischer kultureller Identitäten. In ihrer gestalterischen Praxis erforscht Iizyenda die die Verwendung von Drucken, die von traditionellen Ornamenten inspiriert sind, sowie nachhaltige Designstrategien durch Upcycling und traditionelle Handarbeitstechniken.
Loini Iizyenda war aktives Mitglied des beratenden Ausschusses zur Einrichtung des Museums für namibische Mode.
Erzählungen der Nama über traditionelles Patchwork, Erinnerungen und die Suche nach Heilung durch textile Praktiken
Maria A.N. Caley
Das traditionelle Patchwork der Nama ist zu ihrer unverwechselbaren Ästhetik geworden, die sich durch traditionelle Handwerkskunst und Veränderungen in Material und Gebrauch entwickelt hat. Wenn man die Transformation der traditionellen Patchworkarbeit der Nama als Praxis begreift, die Erzählungen und Erinnerungen der Nama-Gemeinschaften nachzeichnet, kann man dabei die Beharrlichkeit und den Triumph über die Kolonialgeschichte und die Heilung durch die textile Praktiken herausstellen. Mein Hauptinteresse gilt den Erinnerungen an das Patchwork-Handwerk der Nama und wie es über Generationen hinweg gepflegt und verändert wurde. Um die Erinnerungen an die traditionelle Patchworkarbeit zu erforschen, zeige ich meinen Informant*innen zwei Fotografien von seltenen Decken aus Patchworkleder aus einem Berliner Archiv. Die ausgewählten Gesprächspartner*innen sind Kunsthandwerker*innen aus den Nama-Gemeinschaften. Sowohl deren Fertigkeiten als auch deren Hintergrund sind für mein Thema von grundlegender Bedeutung. Indem ich meinen Informant*innen die Fotografien vorstelle, kann ich eine mögliche Unterscheidung zwischen der historischen Entwicklung des traditionellen Patchwork der Nama und dem Einfluss durch die der Interaktion mit europäischen und neuen Materialien treffen. Außerdem möchte ich erforschen und zum Ausdruck bringen, was die Nama-Gemeinschaften über die seltenen Lederflickendecken denken, um das Gespräch mit den Mitgliedern der Nama-Gemeinschaft fortzusetzen. Bedauerlicherweise erfüllten die beiden geflickten Decken nicht die "Kriterien" für die Auswahl der Objekte zur Rückgabe. Diese Übung hat uns wieder einmal gezeigt, dass Restitution eine komplexe Angelegenheit ist. Auch wenn es sich bei der Restitution um ein sensibles und komplexes Unterfangen handelt, müssen die "Nachkommen" in das Gespräch einbezogen werden. Wenn die Restitution weiterhin vermieden oder verzögert wird, wird sich auch der Weg zur Heilung verzögern.
Maria A.N. Caley ist Lecturer an der Universität von Namibia, wo sie in der Abteilung für Geisteswissenschaften und Kunst Textil- und Modedesign unterrichtet. Als Modedesignerin hat sie an zahlreichen Modeplattformen teilgenommen und dort ihre einzigartigen Modekollektionen präsentiert. Ihr Forschungsinteresse gilt der traditionellen Kleidung in Namibia und ihrer Umsetzung in der aktuellen Mode. In einem weiteren Kontext untersucht sie die Formationen der afrikanischen Mode in Praxis und Diskurs. Das Lernen und Lehren über Mode, die in Afrika entstanden ist, hat ihr Interesse an einer Forschungsarbeit geweckt, die sich sowohl mit Archiven als auch mit unterschiedlichen Mode-, Gestaltungs-, und Vermittlungspraktiken befasst. Gegenwärtig ist sie an der Museumsarbeit in Namibia beteiligt, die den Aufbau des Museum of Namibian Fashion und des Virtual Museum of Namibian Fashion vorangetrieben und ermöglicht hat.