Verwendung blauer und grüner Pigmente im Übergang von der Antike zum Mittelalter
Vortrag von Dipl.-Chem. Detlef G. Ullrich, Gesellschaft für Wissenstransfer in der Gebäude-Diagnostik mbH, Berlin, organisiert vom Institut für Naturwissenschaften und Technologie in der Kunst.
Blaue und grüne Pigmente haben in der Malerei - hier besonders in der Wandmalerei - eine besondere Bedeutung erhalten. Sie sind der zumeist "synthetische" Kontrast zu den Erdfarben oder einfacher herzustellenden weißen und schwarzen Farbmitteln.
In dem Vortrag gilt es, die Kontinuität und den Wechsel der Pigment-Verwendung darzustellen, um Querverweise die kulturhistorischen Einflüsse herauszuarbeiten. Die hier präsentierten Ergebnisse basieren auf Literaturrecherchen, der Überprüfung der Literaturdaten und eigenen Untersuchungen an Pigmentfunden der Spätantike und des frühen Mittelalters.
Das in der Antike fast ausschließlich verwendete blaue Pigment ist Ägyptisch Blau (Cuprorivait, CaCuSi 4 O 10 ). Die Verwendung ist großflächig bis in das 4. Jh. n. Chr. nachweisbar. Die spätesten Funde von Ägyptisch Blau sind für Mittel- und Norditalien und den südlichen Alpenraum in der Literatur erwähnt.
Azurit ist hauptsächlich nur im hellenistischen Kernland nachweisbar, in der Spätarchaik bis zum Späthellenismus.
Die Frühromanik greift auf lokal vorhandene blaue Pigmente wie Azurit und Vivianit zurück.
Die immer wieder behauptete Verwendung von Ultramarin in der Antike aus gemahlenem Lapislazuli hat sich bei allen Nachprüfungen als nicht haltbar herausgestellt.
Als wichtigstes Grünpigment wurde "grüne Fritte" eingesetzt, ein Sammelbegriff für grün gefärbte Gläser und Glasvorprodukte, die in gemahlener Form verwendet wurden. Malachit kommt relativ selten vor, nach neuesten Erkenntnissen muss mit einer Herstellungstechnik gerechnet werden.
Interessant wird die Frage nach den eingesetzten Pigmenten ab dem 4. Jh. n. Chr. Der Zerfall des Römischen Reiches und die Völkerwanderung haben Handwerks- und Handelstraditionen verschwinden lassen. Der Einsatz von blauen und grünen Pigment war aber in der Wandmalerei für die Darstellung von göttlichen Attributen notwendig.
Eine andere Entwicklung ist im Raum vom östlichen Kleinasien bis Zentralasien zu erkennen. Hier führt die Lapislazuli-Lagerstätte von Badagshan im nördlichen Afghanistan zur Verwendung von ultramarin-ähnlichen Pigmenten. Andererseits ist der Einsatz von Ultramarin ab der Mitte des 11. Jh. in der Wandmalerei und Fassungsmalerei Europas von Italien bis Norwegen weit verbreitet. Hier scheint sich der verstärkte Handel nach und während der Zeit der Kreuzzüge auszuwirken.
Bei den grünen Pigmenten ist die Verwendung lokal vorhandener Quellen vorherrschend. Seladonit und Glaukonit als "grüne Erden" sind auch geologisch weit verbreitet, so dass eher ein lokal begrenzter Handel anzunehmen ist.
Lebenslauf
Nach seinem Studium der Chemie mit Schwerpunkt Mineralogie an der FU Berlin spezialisierte sich Diplom-Chemiker Detlef G. Ullrich auf Archäometrie mit Schwerpunkt silikatischer Materialien, und arbeitete auch in der Baudenkmalpflege (Fassadenschutz).
Seit 1995 selbständig als Gründer und Leiter eines Fachlabors zur Untersuchung von historischen Baustoffen und Bauschäden (GWD) in Berlin.