Reenactment zwischen dokumentarischem und ästhetischem Regime
Vortrag von Maria Muhle am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften.
Der Vortrag schlägt eine Typologie künstlerisch-dokumentarischer Formen des Reenactments vor, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Frage um Reproduktion und Konstruktion von Geschichte befassen. Diesen Formen ist gemeinsam, dass sie unter der medial vermittelten historischen Wirklichkeit eine andere, wirklichere Wirklichkeit offenlegen und diese wiederum vermitteln. In Absetzung hiervon soll eine ästhetische Form des Reenactments skizziert werden, die es ermöglicht, den Kurzschluss der im engen Sinne dokumentarischen Praktiken zu umgehen, insofern sie sich und auf einen Begriff von "ästhetischem Denken" stützt: Ästhetisches Denken soll hier als eine selbst-reflexive Form des Lebensvollzugs gefasst werden, der insofern ästhetisch ist, als er das Verhältnis von Leben und Milieu nicht nur kritisch ausstellt, wie dies im dokumentarischen Paradigma der Fall wäre, sondern es vielmehr als denkendes durchlebt.
CV:
Maria Muhle ist Professorin für Philosophie und Ästhetische Theorie an der Akademie der Bildenden Künste in München und Mitbegründerin des August Verlags Berlin. Forschungsschwerpunkte: Politische Ästhetik, Medienphilosophie, Biopolitik und Lebensbegriffe seit 1800. Letzte Publikationen: "Realismus des Minderen. Fotografie bei Bourdieu und Rancière", in: Jens Kastner / Ruth Sonderegger (Hg.), Pierre Bourdieu und Jacques Rancière. Ästhetisches Regime oder ästhetische Disposition? (im Erscheinen); Eine Genealogie der Biopolitik. Der Lebensbegriff bei Foucault und Canguilhem (2008, 2013); "History will repeat itself. Für eine (Medien-)Philosophie des Reenactments", in: Lorenz Engell, Frank Hartmann, Christiane Voss (Hg.), Körper des Denkens. Neue Positionen der Medienphilosophie (2013).