Anna Spanlang und Diana Barbosa Gil erhalten den neustrukturierten Preis der Kunsthalle Wien 2021
In der Neuauflage der Ausstellung zum Preis der Kunsthalle Wien, zu sehen ab Februar 2022 in der Kunsthalle Wien Museumsquartier, werden neben den Arbeiten der beiden Hauptpreisträgerinnen zusätzlich sechs weitere ausgewählte künstlerische Positionen gezeigt.
Der jährlich vergebene Preis der Kunsthalle Wien ist eine Kooperation von Kunsthalle Wien, Universität für angewandte Kunst Wien und Akademie der bildenden Künste Wien; die Auszeichnung wird 2021 zum siebenten Mal vergeben. Trotz der anhaltenden pandemiebedingten Einschränkungen des Hochschulbetriebs und der weiterhin schwierigen Arbeitssituation für die Studierenden wurden auch in diesem Jahr über 100 Diplom- und Masterprojekte zur bildenden und medialen Kunst durch die Jury gesichtet, diskutiert und die acht ausgezeichneten Positionen ausgewählt.
Die Ausstellung zum Preis der Kunsthalle Wien 2021 wird erstmals in Form einer Gruppenpräsentation stattfinden: Neben Werken der beiden Gewinnerinnen des Hauptpreises – Anna Spanlang von der Akademie und Diana Barbosa Gil von der Angewandten –, die einen Geldpreis in Höhe von je 3.000 Euro erhalten, werden auch die Arbeiten von Cho Beom-Seok, Jojo Gronostay und Nora Severios (alle Akademie der bildenden Künste Wien) sowie Ana Gurashvili, Lukas Kaufmann und Chin Tsao (alle Universität für angewandte Kunst Wien) zu sehen sein.
Das kuratorische Team der Kunsthalle Wien hat sich entschieden, den Preis für eine größere Auswahl kreativer Positionen zu öffnen, um ein breiteres Spektrum künstlerischer Stimmen der Absolvent*innen beider Kunsthochschulen vorzustellen. Das Grundprinzip des Preises bleibt dabei erhalten: Er wird an zwei Hauptpreisträger*innen vergeben – dazu kommen die sechs weiteren Preisträger*innen. Ziel der Neustrukturierung ist es nicht zuletzt, den Wert von Auszeichnungen, die an einzelne Künstler*innen vergeben werden, sowie die Schwierigkeiten des Urteils über Kunst in einer Zeit ästhetischer und ethischer Umbrüche zu hinterfragen. Außerdem wird den Preisträger*innen die Möglichkeit gegeben, ihre Gruppenausstellung und das begleitende Veranstaltungsprogramm gemeinsam und mit Unterstützung von Anne Faucheret, Kuratorin der Kunsthalle Wien, zu gestalten.
„Junge Künstler*innen auf ihrem Weg zu unterstützen sehen wir als eine institutionelle Kernaufgabe. Deshalb war es uns wichtig, nicht nur zwei ausgewählte Positionen ins Rampenlicht zu rücken, sondern ein Gespräch zwischen den Preisträger*innen in Gang zu bringen und ein Ausstellungsumfeld zu schaffen, in dem sie einander stärken können. Der neustrukturierte Preis steht für größere Vielfalt und Offenheit und spiegelt unseren Wunsch wider, einen dauerhaften Austausch mit diesen Künstler*innen aufzubauen. Wir hoffen, dass diese Veränderungen unseren Besucher*innen Gelegenheit geben werden, weitere junge Wiener Künstler*innen zu entdecken und mehr über die Entscheidungsprozesse in einer Kunstjury zu erfahren,“ so die künstlerischen Leiterinnen der Kunsthalle Wien, WHW – Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović.
Johan F. Hartle, der Rektor der Akademie: „Die Akademie der bildenden Künste Wien freut sich auf das neue Ausstellungsformat des Kunsthallenpreises und auf die Präsentation von vier herausragenden künstlerischen Profilen. Durch die Ausstellung in der Kunsthalle im Museumsquartier bekommen unsere Absolvent*innen wichtige öffentliche Sichtbarkeit. Die ausgewählten Positionen sind in diesem Jahr vielfältig und gehen von einer Montage aus Handyvideoclips über ein dokumentarisches Filmformat bis hin zu Installationen mit skulpturalen Momenten sowie einem konzeptuellen Modeprojekt. Damit wird die Bandbreite der Akademie angedeutet, die durch unsere Diplomand*innen präsentiert wird und auf die wir sehr stolz sind.“
Eva Maria Stadler, die Vizerektorin der Universität für angewandte Kunst Wien: „Für die Universität für angewandte Kunst Wien bietet der Preis der Kunsthalle Wien eine äußerst wertvolle Gelegenheit, den Austausch zwischen den Kurator*innen der Kunsthalle Wien, Diplomand*innen und Lehrenden der Angewandten herzustellen. Wir freuen uns ganz besonders, dass Diana Barbosa Gil, die in der Abteilung Skulptur und Raum unter der Leitung von Hans Schabus ihr Studium beendet hat, neben Ani Gurhashvili, Lukas Kaufmann und Chin Tsao, der Hauptpreis der Kunsthalle Wien zugesprochen wurde. Diana Barbosa Gil beschäftigt sich auf differenzierte Weise mit den Wechselwirkungen zwischen westlicher, kolonialistischer und postkolonialer Kulturproduktion vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen als in Kolumbien gebürtige Künstlerin. Die von der Kunsthalle Wien lancierten Veränderungen in Bezug auf das Auswahlverfahren der Preisträger*innen, die auf langfristige und verbindliche Beziehungen zwischen den jungen Künstler*innen und der Institution setzen, sind ein wichtiges Zeichen für eine Entschleunigung und Qualifizierung der künstlerischen Produktion – ein Wert, dem nicht zuletzt in der Arbeit Diana Barbosa Gils Ausdruck verliehen wird.“
Hauptpreisträgerin der Akademie der bildenden Künste Wien: Anna Spanlang
Anna Spanlangs Videoessay CEREAL / Soy Claudia, soy Esther y soy Teresa. Soy Ingrid, soy Fabiola y soy Valeria überzeugte die Jury mit seiner Verbindung von unbeschwerter Fröhlichkeit und Scharfsinn. Für die Miniserie aus elf Folgen bearbeitete die Künstlerin gekonnt kurze Sequenzen aus dem Videoarchiv ihres Handys, um eigene Erfahrungen verdichtet zu dokumentieren und die Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens durch die Coronavirus-Pandemie zu veranschaulichen. Die kurzlebigen und schnellen Videos zeigen freundschaftliches Miteinander, aber auch eine kritische, sinnliche und feministische Erkundung sozialer Beziehungen und öffentlicher Räume und entwerfen so neue Formen künstlerischer Auseinandersetzung.
Anna Spanlang (geb. 1988 in Grieskirchen, lebt in Wien) studierte Video- & Videoinstallation bei Dorit Margreiter sowie Kunst und Digitale Medien bei Constanze Ruhm an der Akademie der bildenden Künste Wien. Diplom Juni 2021 bei Dorit Margreiter.
Weitere Preisträger*innen der Akademie der bildenden Künste Wien: Cho Beom-Seok, Jojo Gronostay und Nora Severios
Cho Beom-Seok
Mit Eine Begegnung hat Cho Beom-Seok einen gutgemachten und einfühlsamen Schwarzweiß-Dokumentarfilm vorgelegt, der die Jury mit der hohen Qualität von Regie, Drehbuch und Kameraführung beeindruckte. In der Arbeit geht es weniger darum, sich in die geheimnisvolle Hauptfigur Thea hineinzuversetzen, als um eine Reflexion auf den filmischen Prozess, der die Paradigmen von Steuerung, Transparenz und Metamorphose auf die Probe stellt.
Jojo Gronostay
Die Jury war sehr angetan von Jojo Gronostays durchdachten Installationen und fotografischen Arbeiten, die einen Dialog zwischen informellen (ökonomischen) und formalen (ästhetischen) Aspekten eröffnen. Durch Schneiden, Neurahmen, Wiederverwenden, Umordnen und Verschieben hinterfragt er das Zirkulieren von Gesten und Werten in der kommerziellen Kunstwelt.
Nora Severios
Die Zerbrechlichkeit von Nora Severios’ geistreicher Kunst, die einem Balanceakt gleicht, hat die Jury beeindruckt. Sie vertieft sich in alte beziehungsweise traditionelle naturnahe Techniken und Rituale, um Beziehungen zwischen Menschen, Pflanzen und Tieren jenseits von Einseitigkeit und Ausbeutung zu erkunden und neu zu erfinden.
Die Jury der Akademie der Akademie der bildenden Künste Wien :
Veronika Dirnhofer, Anne Faucheret, Johan F. Hartle , Vít Havránek, Iman Issa und WHW
Vorsitz: Johan F. Hartle
Organisation: Christine Rogi
Preisträgerin der Universität für angewandte Kunst Wien: Diana Barbosa Gil
Opulent und doch spielerisch, bestimmt und doch nachdenklich, virtuos und doch sorgfältig ausgearbeitet: Diana Barbosa Gils Die beste Idee aller Zeiten überzeugte die Jury mit Mut, Genauigkeit und Selbstironie. Die Künstlerin ordnete ihre vielgestaltigen Arbeiten in einer durchdachten räumlichen Dramaturgie an und schuf so ein gesamtkunstwerkartiges Environment, das als persönliches Bezugssystem und intime Landschaft fungierte. Auch die Themen ihrer Kunst – die Hinterfragung der Wanderung und Wandlung von Formen zwischen europäischer und „tropischer“ Moderne im Verlauf von Kunstgeschichten und der Innovations- und Authentizitätsdruck im zeitgenössischen Kunstbetrieb – weckten das Interesse der Jury.
Diana Barbosa Gil (geb. 1990 in Cali, Kolumbien, lebt in Wien) studierte Transmediale Kunst bei Brigitte Kowanz sowie Skulptur und Raum bei Hans Schabus an der Universität für angewandte Kunst Wien. Diplom 2021 bei Hans Schabus.
Weitere Preisträger*innen der Universität für angewandte Wien: Ana Gurashvili, Lukas Kaufmann und Chin Tsao
Ani Gurashvili
Ani Gurashvilis Malerei faszinierte die Jury mit ihren Visionen einer Welt voller fantastischer nichtmenschlicher Protagonisten. Ihre zugleich fremdartigen und vertrauten, verwirrenden und verführerischen, statischen und erzählenden Arbeiten verbinden Anregungen aus Surrealismus, Science Fiction und feministischer Theorie mit einer ganz eigenen und geheimnisvollen Note.
Lukas Maria Kaufmann
Lukas Maria Kaufmanns aquarellierte, bedruckte und gefaltete Papierserien wie auch seine früheren Installationen verknüpfen Medienbildschirm und Landschaft, psychologische und räumliche Dimensionen, Stilwillen und freie Improvisation. Seine Arbeiten bringen hochgradig symbolische Formen, Muster oder Techniken zum Einsatz, um verbreitete Rezeptionsweisen zu hinterfragen und neue Formen der Interpretation und Projektion auszulösen.
Chin Tsao
Ein Hochglanzfetischismus der Bilder und Oberflächen treibt Chin Tsaos Videoarbeiten und Keramiken an. Die Jury zeigte sich von der Kombination von Horrorästhetik und spekulativer Erzählung im Dienst einer Sondierung von Techno-Politik, künstlichen Identitäten, Zeit und Fiktionalität begeistert.
Die Jury der Universität für angewandte Kunst Wien:
Anne Faucheret, Vít Havránek , Eva Maria Stadler, Lucas Posch, Cosima Rainer und WHW
Vorsitz: Eva Maria Stadler
Organisation: Anja Seipenbusch-Hufschmied und Samo Zeichen
Die Ausstellung zum Preis der Kunsthalle Wien 2021
Ort: Kunsthalle Wien Museumsquartier
Ausstellungslaufzeit: voraussichtlich ab 10. Februar 2022
Kuratorin: Anne Faucheret
Um die gezeigten Arbeiten durch verschiedene Formate zu kontextualisieren, wird die Schau von einer Publikation und einem Veranstaltungsprogramm begleitet.