Weinheber ausgehoben
Denkmalumgestaltung am Schillerplatz realisiert durch die Plattform Geschichtspolitik der Akademie der bildenden Künste Wien in Kooperation mit der KÖR - Kunst im öffentlichen Raum GmbH und der Stadt Wien (MA7).
Plattform Geschichtspolitik: Eduard Freudmann, Chris Gangl, Gabu Heindl, Tatiana Kai-Browne, Katharina Morawek und Philipp Sonderegger
Zur Eröffnung sprechen:
Martina Taig (Geschäftsführerin, Kunst im öffentlichen Raum GmbH)
Eva Blimlinger (Rektorin, Akademie der bildenden Künste Wien)
Eduard Freudmann, Chris Gangl, Gabu Heindl (Künstler_innen, Plattform Geschichtspolitik)
Marlene Streeruwitz (Autorin)
Veronica Kaup-Hasler (amtsführende Stadträtin für Kultur und Wissenschaft)
Auf Initiative der Plattform Geschichtspolitik, einer Gruppe von Studierenden und Lehrenden der Akademie der bildenden Künste, wird das Denkmal für den Nazi-Dichter Josef Weinheber am Wiener Schillerplatz künstlerisch umgestaltet und kontextualisiert. Die Realisierung des Projekts erfolgt in Zusammenarbeit mit KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien, der Akademie der bildenden Künste Wien und der Stadt Wien. Die Plattform Geschichtspolitik hatte sich seit 2010 für die Umgestaltung des Denkmals eingesetzt. In verschiedenen Etappen und unterschiedlichen Konstellationen haben Eduard Freudmann, Chris Gangl, Gabu Heindl, Tatiana Kai-Browne, Katharina Morawek und Philipp Sonderegger an dem Projekt gearbeitet.
Josef Weinheber trat 1931 erstmals der NSDAP bei und betätigte sich aktiv in ihren Kulturorganisationen. Er wurde von der NS-Kulturpolitik massiv gefördert und stieg zu einem der wichtigsten Schriftsteller Nazi-Deutschlands auf. Weinheber fertigte zahlreiche NS-Propagandagedichte an, etwa „Hymnus auf die Heimkehr“, „Dem Führer“ oder „Ode an die Straßen Adolf Hitlers“. Er erhielt diverse Ehrungen und Würdigungen, unter anderem ein Ehrendoktorat der Universität Wien sowie die Ehrenmitgliedschaft an der Akademie der bildenden Künste Wien. Überdies wurde er 1944 von Adolf Hitler und Joseph Goebbels in die so genannte Gottbegnadeten-Liste aufgenommen. Im April 1945 nahm er sich das Leben. Sein literarisches Andenken wurde in den darauffolgenden Jahren vor allem von befreundeten Schriftstellern gepflegt, die wie er dem Nationalsozialismus nahe gestanden hatten.
Das Denkmal am Schillerplatz wurde 1975 durch die private Weinheber-Gesellschaft errichtet und in die Obhut der Stadt Wien übernommen. Nach der Aufstellung kam es wiederholt zu Interventionen, etwa durch das Anbringen von Graffiti oder das Entwenden der Büste. 1991 wurde die Büste nachgegossen und das Denkmal behördlicherseits umgestaltet. „Bemerkenswert ist dabei“, so der Zeithistoriker Florian Wenninger, „dass die Umgestaltung nicht auf Grundlage einer kritischen Auseinandersetzung mit Weinhebers NS-Biografie erfolgte, sondern im Sinne einer baulichen Befestigung und damit der Immunisierung gegen die Interventionen“. Die Büste wurde stabiler montiert und das Denkmal erhielt einen neuen, leichter zu reinigenden Sockel, der in einem Betonfundament unter der Erdoberfläche verankert wurde. In dieser statischen Verstärkung sieht die Plattform Geschichtspolitik die Erweiterung des Denkmals um ein zusätzliches Element, „das gerade aufgrund der Unsichtbarkeit seiner Massivität so charakteristisch für den Umgang mit NS-Geschichte in der Zweiten Republik ist“.
Die Plattform Geschichtspolitik setzte sich seit Herbst 2009 mit dem Denkmal auseinander. Eine erste Intervention erfolgte im Mai 2010. Anschließend wurde der Stadt Wien ein Entwurf zur künstlerischen Umgestaltung vorgelegt, der die Freilegung des unterirdischen Betonfundaments vorsah, um das Denkmal-Ensemble in seiner Gesamtheit sichtbar zu machen und auf die jahrzehntelangen Konflikte um das Denkmal zu verweisen. Nachdem der Entwurf aus künstlerischen Gründen abgelehnt worden war, legte die Plattform Geschichtspolitik das Fundament des Denkmals im Juni 2013 ohne offizielle Bewilligung frei. Öffentliche Debatten um das Denkmal folgten. Josef Haslinger sah „die kleine Wunde in der Grünfläche des Schillerplatzes [als] Metapher für die große Wunde, die der Nationalsozialismus in der österreichischen Geistesgeschichte hinterlassen hat“. Asa Mendelsohn wies darauf hin, dass die Langwierigkeit der Verhandlungen mit den zuständigen Behörden und der öffentliche Diskurs ebenso als Teil des Kunstwerks zu verstehen sind, wie der räumliche Eingriff am Denkmal selbst. Die in einem Bekenner_innenschreiben der Plattform Geschichtspolitik als landschaftsarchitektonische Maßnahme bezeichnete Intervention wurde seitens der Behörden nach drei Tagen wieder rückgängig gemacht, da zuvor keine Genehmigung erteilt worden war. Nachdem ein adaptierter Entwurf 2014 bewilligt worden war, kommt das Projekt nun zur dauerhaften Umsetzung. Neben dem umgestalteten Denkmal wird eine Zusatztafel angebracht, die in Kooperation des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien mit der Stadt Wien entstand und Informationen zur Biografie Josef Weinhebers sowie zur Geschichte des Denkmals enthält. Die Eröffnung findet am 7. Juni 2019 um 10 Uhr am Wiener Schillerplatz statt.
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