Die Rekonstruktion des Proto Bildes
Eine philosophische Untersuchung zur Symbolgenerierung und interkulturellen künstlerischen Ausdrucksweise im Kontext der generativen Künstlichen Intelligenz
Dissertationsprojekt
von Chao Li, Institut für bildende Kunst
Projektstart: 01.10.2023
Abstract
Generative Künstliche Intelligenz, wie Generative Adversarial Networks (GANs) und Diffusionsmodelle, hat das Potenzial, Kunst und visuelle Kultur nachhaltig zu beeinflussen. Diese Studie untersucht die spezifischen Qualitäten generativer Bildproduktion und führt das Konzept des „Proto Bild“ ein. Dieses wird als eine wesentliche, zwischenzeitliche visuelle Form verstanden, die unabhängig von physischer Realität existiert. Es fungiert als „virtueller Prototyp“, der dynamisch durch Algorithmen, Zufälligkeit und symbolische Logik entsteht.
Das Proto Bild überwindet traditionelle Repräsentationslogiken und macht den Generierungsprozess selbst zu einem zentralen Bestandteil symbolischer Bedeutung. Es zeigt die Mehrdeutigkeit und Offenheit symbolischer Generierung und semantischer Evolution auf. Die theoretische Grundlage bildet Gilles Deleuzes anti-platonische Philosophie sowie Vilém Flussers Konzept der technischen Bilder. Die Studie analysiert semiotische und ontologische Dimensionen generativer KI-Bilder, indem technische Faktoren wie Rauschen und Zufälligkeit als integrale Elemente eines adaptiven Symbolsystems betrachtet werden. Roland Barthes’ Begriffe „Studium“ und „Punctum“ dienen zur Untersuchung emotionaler und kultureller Kontexte sowie der Rolle der Technik in der Interpretation generierter Bilder. Interkulturell vergleicht die Studie das Konzept des „Xiang“ (?) aus der chinesischen Philosophie mit westlicher Semiotik. Sie zeigt, wie das Proto Bild dynamische Generierung und Transformation symbolischer Systeme repräsentiert und in seiner Konzeption eine Verbindung zu den ganzheitlichen Ansätzen des „Xiang“ aufweist. Trotz zahlreicher Diskussionen über die technischen Innovationen generativer Kunst fehlt bisher eine systematische semiotische und philosophische Analyse dieser Bildproduktion. Diese Dissertation entwickelt daher einen interdisziplinären Analyserahmen aus Semiotik, Philosophie, Medientheorie und Bildender Kunst. Ziel ist es, die einzigartige Position generativer KI-Bilder zu erforschen, ihre epistemologischen und ontologischen Werte zu klären und neue theoretische Perspektiven für ihre Bedeutung in zeitgenössischer Kunst und visueller Kultur zu eröffnen.
Kernfragen der Studie sind: Welchen ontologischen Status haben generative KI-Bilder? Wie unterscheiden sie sich von traditionellen Bildern? Und welche neuen Erkenntnispotenziale bieten sie im Verhältnis zur Repräsentation?
Kurzbiografie
Chao Li, Künstler, Phd an der Akademie der bildenden Künste, Wien, Österreich, Master an der Universität der Künste, Berlin, Deutschland, und an der Akademie der bildenden Künste, Zürich, Schweiz, Bachelor an der Akademie der bildenden Künste, Shanxi Universität, China. Mitglied der politischen Kunstgruppe SAN PANG. Er ist Mitglied bei der Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs, Mitglied der Berliner Künstlervereinigung, Mitglied der China Institute of Stage Design, Sonderkünstler des Chinese and Foreign Art Research Institute und Vertragskünstler der Galerie Artinliving Spaces in Deutschland. In seinem Werk bezieht sich Chao Li auf das sozio-politische Umfeld und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Er verwendet verschiedene Medien wie Malerei, Skulptur, Installation, Video und Fotografie, um die Beziehung zwischen Architektur, Geschlechterrollen, Kontrolle und Macht zu untersuchen. Dabei bezieht er oft sowohl den Betrachter als auch den Ausstellungsraum und seine Umgebung in seine Überlegungen mit ein.