Keepers of the Microframe. Der Amateurfilm und seine Archive.
Raoul Schmidt
Dissertationsstipendiat an der UfG | Abschluss-Stipendium des Doktoratszentrums 2014|15
Abstract
Der Amateurfilm gilt seit seiner technischen Entwicklung in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts als virulente Praxis, das eigene Leben aufzuzeichnen und festzuhalten. Seit den 1980er Jahren entwickelt sich zunehmend ein Diskurs über die Bedeutung von und den adäquaten Umgang mit diesen filmischen Materialien. Das betrifft sowohl die Konfigurierung dieses vielschichtigen Materials (Zeugnis, Dokument, Werk, Praktiken) als auch seine Vermittlung. Den Hintergrund der Auf- und Neubewertung von Amateurfilmen bildet eine Wende innerhalb der Filmarchive und ihrer Sammlungen. Museen und Filmarchive nehmen zunehmend analoge Schmalfilme (8mm, S8mm, 9,5mm und 16mm) von Amateurfilmer*innen in ihre Bestände auf. Dennoch existiert bisher kaum eine Theorie und Material verschränkende Diskussion zur Bewertung dieser Bestände aus den Archiven heraus und in den Archiven selbst. Es ermangelt den meisten Archiven an einer stringenten Strategie, die dem hybriden Charakter der Filme wie ihrer Paratexte gerecht wird. Vielfach folgen sie ausschließlich einer Logik des Inkorporierens von Filmmaterial.
Durch den Vergleich aktueller Sammlungs- und Archivierungspraktiken nationaler und internationaler Archive schafft das PhD-Vorhaben hier eine analytische Basis zur Entwicklung einer dem Material Amateurfilm und seiner Paratexte adäquaten Strategie. Zentral ist dabei die Neubewertung biographischer und autobiographischer Amateurfilme als Egodokumente. Diese Begriffsbestimmung weist den einzelnen Amateurfilmer*innen einen wesentlichen Stellenwert in der Archivarbeit mit lebensgeschichtlichen Filmaufzeichnungen zu. Den Bearbeitungen des filmischen Materials selbst, seiner Restaurierung und der vermittelnden Wiederaufführung, widmet sich der praktische Teil des PhD-Vorhabens. Der Amateurfilm und seine Paratexte bilden dabei die Objekte künstlerischer Interventionen, die sich auf Wieder-/Aufführung, Restaurierung und Archivierung als soziale Praktiken beziehen.