Constanze Ruhm – Werkschau im Filmmuseum
Constanze Ruhms extensives Film- und Videowerk zählt zu den innovativsten Auseinandersetzungen mit feministischer Subjektivität, Sozialität und dem Wesen von (Film-)Geschichte. (2.11.2023 – 4.1.2024)
So nimmt sich die Regisseurin das moderne Kino samt Industrie in seinen vermeintlichen Grundfesten vor, und zwar minutiös und schonungslos, von den Produktionsbedingungen über die Rollen und Schauplätze bis hin zur Technik – letztlich seine ganze (problematische) Überlieferung. Hier führt eine Autorin Regie, die mit dem Autorenkino, in dem die Geschichten wie die Blickanordnungen bekanntlich allzu männlich ausgefallen sind, Schlitten fährt wie keine andere – theoretisch versiert, ungemein literarisch und formal strategiereich: vom Reenactment, der Rekonstruktion, der Simulation und der ausgestellten Aktivierung von Auslassungen über den Weg ins Archiv, die Reparatur von Geschichte(n) und ihren fragwürdigen Übersetzungen bis zur (Meta-)Fiktionalisierung, Computerisierung, Fabulation und affektiven sowie stilistischen Überschreitung reicht die Palette. Ruhm setzt ihre Strategien transmedial und wider das Narrativ der Vollständigkeit um, mit einem beachtlichen film- und kulturhistorischen Cast: Stars, Nymphen, Göttinnen, Aktivistinnen und viele andere sind Elemente eines Werks, das wie die einzelnen Filme selbst eine offene Konstellation ist, in der Spuren von Vergangenheit in der Gegenwart aufgehen – konstruktivistisch, multiperspektivisch, sonor experimentell. Wenn das Patriarchat kurzerhand in einer Sumpflandschaft begraben wird, war es sehr wahrscheinlich Mord. Denn Humor ist hier nicht nur eine Frage der Stilmittel (Slapstick meets handfeste Tragödie), sondern auch des Willens zur Militanz. (Katharina Müller)
In Anwesenheit von Constanze Ruhm von 9. bis 12. November sowie am 17. November 2023