JONATHAN MEESE. TOTALSTE GRAPHIK
Geöffnet von Di–So 10.00–18.00 h, Eintritt frei
Sonderöffnungszeiten:
09.04.2012 (Ostermontag)
01.05.2012 (Staatsfeiertag)
Ausstellungskonzeption: Jonathan Meese, Ruth Lackner,
Björn Egging
Eröffnung | Donnerstag, 15.03.2012, 18.00 h
Begrüßung | Andrea B. Braidt, Vizerektorin für Kunst | Forschung der
Akademie der bildenden Künste Wien
Einführung | Björn Egging, Leiter Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg
DER NON-NOSTALG "MEESEVOLUTIONÄR" SPRICHT:
DIE BURSCHNS GESTATTNS A EVOLUTIONUSSNS
Eine Ausstellung der Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg
in Kooperation mit der Akademie der bildenden
Künste Wien und dem Kupferstichkabinett.
DIE "DIKTATUR DER KUNST" IST IMMER TOTALSTGRAPHIK ALS VERSACHLICHTE FÜHRUNG, WIE GEIL.
Jonathan Meese, 1970 in Tokio geboren, zählt zu den schillerndsten deutschen Künstler_innen der Gegenwart. Sein Werk ist umfassend, obsessiv, radikal und hat einen entschiedenen Aktionscharakter. Meese arbeitet mit vollem Körpereinsatz in allen Techniken und kombiniert Malerei, Zeichnungen und Plastik mit Collagen, Texten und Materialsammlungen zu ausufernden Rauminstallationen, gleichsam aufgetürmten Schutthalden aus Hochkunst und Trash. Jede seiner Äußerungen - die zwischen Provokation, Blasphemie, Katharsis, Dämonenaustreibung und Systemkritik changieren - ist Kunst und nur scheinbar prätentiös und unverschämt. Vielmehr steht Meese in der Tradition der Dadaisten, die das "Gestammel von Irren und Kindern" und den Nonsens als einzigen Weg der Rückkehr zu elementaren Wahrheiten ansahen: die Kunst ist ein Kinderspiel im wahrsten Wortsinn, erreichbar nur mit einem völligen Systemwechsel von der "Demokratie oder irgend einer anderen von Menschen gemachten Regierungsform" zur "Diktatur der Kunst".
In Meeses Utopie von der Befreiung jeglicher Ideologie und der Machtübernahme durch die Kunst trifft ein ironisch-wortgewaltiger Kulturpessimismus auf das höchste Ziel der klassischen Avantgarden, nämlich Kunst und Leben zusammenzuführen. Vor allem in seinen Texten und Performances setzt Meese auf eine beispiellose Radikalisierung, benutzt das rhetorische Instrumentarium der Diktaturen des 20. Jahrhunderts - in erster Linie des Nationalsozialismus - für seine Zwecke und führt Vokabular und Gestik ad absurdum, wenn er das Ideal der "Totalkunst" propagiert. Für sich selbst reklamiert er aber nicht die Rolle des Diktators ("Wenn die Kunst an der Macht ist, dann bin ich auch weg"), sondern die der unermüdlichen "Ameise der Kunst".
Seit 2003 hat Jonathan Meese etwa einhundert druckgraphische Arbeiten, als Einzelblätter oder Mappenwerke erschienen, geschaffen. Die meist großformatigen Lithographien, Radierungen und Holzschnitte stellen mehrheitlich Bildnisse von historischen, mythologischen, popkulturellen oder ausgedachten Figuren dar, die in ihrer graphischen Verknappung zu Kürzeln der Kulturgeschichte und zum Alter Ego des Künstlers werden. In seinem Universum teilen sich historische wie mythologische Figuren die gleiche Wirklichkeit: Kraftmenschen wie Kaiser Nero, Wagner, Nietzsche, Hitler, Staatshelden wie Hagen von Tronje und Saint-Just - Symbolgestalt vieler Generationen und Miterfinder eines übertriebenen Machtzentralismus - sowie die Bösewichter bei James Bond werden zerlegt, neu kombiniert und "gesudet", wie Meese es mit einer eigenen Wortschöpfung treffend ausdrückt. Stärker als in anderen Arbeiten ist in Meeses konzentrierter und expressiver Druckgraphik die Bildschöpfung eruptiv und ekstatisch. Vor allem die Technik der Lithographie kommt seiner Arbeitsweise durch das rasche Zeichnen auf den Stein entgegen. "Mir liegt das Direkte und Schnelle, es ist am radikalsten", erläutert Meese den Zusammenhang zwischen Form und künstlerischer Absicht. "Man wird meistens nicht präziser, wenn man länger an einer Sache herumfeilt."
Ziel der graphischen Vereinfachung sei das "Antlitz des Raubtiers", die präzise Herausarbeitung der "geometrischen Urform", die allen Dingen zugrunde liegt. Der Begriff "graphisch" beschränkt sich folglich bei Meese nicht auf die Druckgraphik, er beschreibt die künstlerische Methode, zu einer knappen, präzisen Aussage zu gelangen. Das konzeptuelle Potenzial der druckgraphischen Errungenschaften der letzten fünfzig Jahre interessiert Meese kaum: "Um eine technische Erweiterung von irgendetwas kann es nicht gehen. Man muss innerhalb dessen, was man tut, das Präziseste schaffen." So werden die alten Techniken bei Jonathan Meese zu experimentellen und energiegeladenen Ausdrucksträgern der TOTALSTEN GRAPHIK, zu Flugblättern und Anteilsscheinen der "Diktatur der Kunst" und womöglich zur Quintessenz seiner künstlerischen Vorstellungen.
Vermittlungsprogramm
ab 23.03.2012 im xhibit: TOTALSTE VERMEESUNG
Konzipiert und organisiert von Julia Hay, Heike Jooß, Claudia Lomoschitz, Katharina Luksch, Karoline Maisch und Natascha Muhic, Akademie der bildenden Künste Wien, sowie Ulrike Davis-Sulikowski und Igor Eberhard, Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien
Publikation
Totalste Graphik + Catalogue raisonné
2003-2011, 224 Seiten, 100 Farbabb.,
dt./engl., DVD, Verlag der Buchhandlung
Walther König, EUR 34,-
Service
Handapparat in der Universitätsbibliothek
der Akademie
Mo-Mi, Fr, 9.30-17.00 h, Do 9.30-18.00 h
Verkehrsverbindungen
U1, U2, U4 [Karlsplatz]
1, 2, 62, D, 515-Badner Bahn [Oper]
Leihgeber_innen :
Bureau Jonathan Meese, Berlin ; Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg;
Galerie Sabine Knust , München; Peter Loeding und Ellen Sturm-Loeding, Hamburg; Privatsammlung; Sammlung
Schlegel, Berlin; STRENGER-GONZÁLEZ-COLLECTION, Berlin/Madrid; Tabor Presse, Berlin